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Im Bann des See Bunn (2014/12, Fangfrisch)

  • date
  • 18. Dezember 2014

Jeder, der schon einmal in Schweden war, wird immer wieder zurückkehren wollen, sagte einmal ein Freund von mir. Wie Recht er doch hat! Auch mir erging es so schon viele Male nach meiner Rückkehr aus dem schwedischen Schärengarten. Diesmal war aber das erklärte und „familienfreundliche“ Urlaubsziel ein See im hohen Norden. Die Wahl fiel auf den See Bunn, einem stehenden Gewässer in der Nähe von Gränna. Dort verbrachte ich mit meiner Familie und Freunden einen erlebnisreichen Urlaub und erlernte die für mich bisher nicht praktizierte Raubfischmethode des pelagischen Vertikalangelns, die ich sicherlich auch schon bald in unseren heimischen Alpenseen ausüben werde! Davon aber mehr in meinem Bericht.

 

 

Der Traum vom kleinen, einsamen Ferienhaus mit offenem Kamin, direkt am See gelegen, das Boot in Sichtweite des Wohnzimmers rückte ein schönes Stück näher, als ich mit Michael Kleemann in Kontakt trat. Ich erzählte ihm von meiner Wunschvorstellung eines Familienurlaubs, bei dem aber das Angeln auf keinen Fall zu kurz kommen sollte. Seine Antwort lautete sofort: „Bunn!“ Ich: „Wie Bunn?“ Er: „Na, der See Bunn!“ Dieses Seensystem beherbergt neben Fischarten wie Zander, Hecht und Barsch natürlich auch diverse Friedfische und Renken. Hier fühlen sich zudem viele Vogel- und andere Tierarten zuhause und Pilzesammeln kann man obendrein! Ich war zu diesem Zeitpunkt bereits mit Henrik Olsson vom Team Westin Schweden auf Facebook befreundet und verfolgte voller Interesse seine Beiträge über das pelagische Vertikalangeln auf Zander. Als mir Michael dann noch erzählte, dass er eng mit Henrik zusammenarbeitet, war die Sache klar: „Bunn!“

Der See Bunn von oben

Romantik und Abenteuerfeeling pur
Ein paar traumhafte Fotos von Haus und See genügten vollkommen, um Kind und Kegel zu überzeugen und schon bald saßen wir mit einem befreundeten Pärchen im Flugzeug nach Göteborg in Richtung See Bunn. Von dort aus gelangten wir per Leihwagen nach zirka zwei Stunden an unser Ziel. Die Damen stürmten auf das kleine rote Haus zu, die Herren auf das große weiße Boot und alle waren glücklich. Die 20 PS des Außenborders reichten völlig aus, um den See zu erkunden. In Verbindung mit drei Drehsesseln, einem optionalen Minn Kota iPilot inklusive Ankerfunktion und einem Humminbird Echolot war es ein perfektes Angelboot! Ähnlich detailliert und begeistert beschrieben die Damen unsere Behausung!

Das-Boot

Das-Haus

Mit Babyhechten und Barschen hatten wir gleich Glück!
Den schwedischen Rekordsommer hatten wir leider um ein paar Tage verpasst. Es stand uns eine Woche mit sehr viel Wind und Regen am See Bunn bevor, und ich vermutete schon, dass sich dieser Wetterumschwung auch auf das Beißverhalten der Zander negativ auswirken könnte. Doch dazu später mehr. Mein Urlaubsbegleiter Oliver und ich begannen zunächst den See zu erkunden. Natürlich konnten wir zu Beginn nicht an den endlosen Schilfgürteln vorbeiziehen, ohne dort unsere ersten Hechte abzuholen. Es kristallisierte sich aber schnell heraus, dass hier nur mit „Krabbelstubenschnablern“ zu rechnen war. Also zückten wir die zur Verfügung gestellte Tiefenkarte und begaben uns eine Etage tiefer. Unser nächstes Zielgebiet waren langsam abfallende Kanten zwischen drei und neun Metern Tiefe – und wir lagen damit nicht ganz falsch! Mit kleinen Gummifischen um die zehn Zentimeter Länge waren schnell die ersten schönen Barsche gefangen. Zu weiteren, noch dickeren Barschen führten uns Möwenschwärme, die zu manchen Zeiten mitten im Freiwasser kleine Weißfische von der Oberfläche pickten, welche wiederum von den raubenden Barschen dort zusammengetrieben wurden. Die Stachelritter waren vor allem mit kleinen Twitchund Crankbaits zu überlisten. Mit einem knappen Vierziger schlossen wir unsere Freiwasserbarschangelei zufrieden ab.

Freiwasserbarsch

Endlich Hechte von über einem Meter
Es waren mittlerweile schon vier Tage vergangen. Kompromissbereit besichtigten wir mit unseren Familien das nahegelegene Gränna, Jönköping, die Vättern-Insel Visingsö, gingen im Wald hinter dem Haus Steinpilze sammeln und verzehrten vorzügliche Krebse (zubereitet von Hausbesitzerin Christina). Die kalten Abend- und Nachtstunden saßen wir dann meistens gemütlich bei einem Gläschen Wein zusammen und ließen unsere Blicke zwischen dem wohligen Kaminfeuer und der breiten, Richtung See gerichteten Fensterfront des Wohnzimmers schweifen. Ein perfekter Urlaub bisher, doch wir hatten da ja noch ein großes Ziel vor Augen … Die nächsten Tage sollten rein der Zanderfischerei im mittleren und nördlichen See Bunn gewidmet sein. Hier sollen zwar nicht sehr viele, dafür aber sehr große Zander leben. Wir suchten also an sämtlichen Kanten und Plateaus mit unseren Gummiködern nach Fischen und bekamen auch den einen oder anderen vorsichtigen Anfasser. Als Beifang hatten wir immer wieder Barsche und Hechte, was die Angelei sehr kurzweilig gestaltete. Ich konnte sogar mein Personal Best beim Hecht auf 106 cm erhöhen! Wir änderten unsere Strategie und verschrieben uns der Schleppangelei im Freiwasser über den – mit ca. 20 Metern – tiefsten Stellen des Sees. Gummifische ab 16 cm und Wobbler ab 12 cm Länge kamen in Tiefen von 3 bis 8 Metern zum Einsatz und brachten auch schnell die ersten Erfolge. So konnte auch mein Freund Oliver sein Personal Best beim Hecht auf 101 cm erhöhen!

Schlepphecht-mit-101cm

Hecht-mit-106cm aus dem See Bunn

Ein ungewöhnliches „Aha-Erlebnis“
Endlich war der geplante Guidingtermin mit Henrik Olsson, „dem schwedischen Scharfschützen“, an der Tagesordnung und wir hatten große Erwartungen an ihn. Einerseits wollte ich endlich die Geheimnisse des pelagischen Vertikalangelns auf Freiwasserzander erfahren, andererseits natürlich auch einen der verwegenen Stachler in die Kamera halten! Wir suchten die ersten Hotspots mitten im Freiwasser auf und fuhren langsam mit zwei bis drei Knoten über den See. Ein Auge war am Side Imaging Echolot, welches zwanzig Meter in jede Richtung reichte, das zweite Auge am Down Imaging Echolot, um Fische direkt unter dem Boot erkennen zu können. Sobald eine große Sichel zu sehen war, steuerte Henrik das Boot mit dem Benzinmotor punktgenau darüber, sodass aus der Sichel ein deutlicher, gelber Streifen wurde und erst dann ließen wir abwechselnd unsere Köder zu Wasser. Der Geber des Echolots ist bei dieser Angelei nicht am Heck, sondern an der Seite des Bootes montiert, sodass der Köder direkt im Kegel des Gebers hinabgelassen und am Echolot erkannt werden kann. Henrik wechselte je nach Gegebenheit zwischen 83 und 200 kHz und änderte regelmäßig die Sensibilität, um ein bestmögliches Bild und die meisten Informationen zu bekommen. Geangelt wird hauptsächlich mit großen No- Action Shads um die 20 cm. Natürlich hatten wir uns vorab informiert und wussten, dass ein gefundener Fisch noch lange kein gefangener Fisch ist. Uns war auch bewusst, dass es selbst bei einer derart präzisen Angelmethode keine Fanggarantie gibt, aber was in den nächsten Stunden passierte, oder besser gesagt nicht passierte, hätten wir uns im Traum nicht ausgemalt. Wir fanden viele, wirklich viele große Fische im Freiwasser.

Guide-Henrik-Olsson

Echolotanzeige-beim-Pelagischen-Vertikalangeln

Köderpalette-zum-Pelagischen-Vertikalangeln

 

Zum Teil konnte Henrik gleich zu Beginn am Verhalten des Fisches ausschließen, dass es sich dabei um einen Zander handelte, da er auf jedes noch so kleine Indiz auf der Echolotanzeige achtete. Oft wurde auch aus einem vermeintlichen Großfisch ein Rudel Barsche, die zuvor ganz eng beisammen standen. Wir fanden mindestens vierzig (!) kapitale Zander-Exemplare, die wir intensiv befischten, ihnen unsere Köder zwanzig Minuten und mehr in einem Abstand von nur 10 cm vor dem Maul herumtanzen ließen und dennoch bis auf ein paar faule Stupser keine Reaktion, geschweige denn einen Biss provozieren konnten. Zermürbend und frustrierend war diese Ablehnung der Zander. Natürlich war uns klar, dass wir hier auf ruhende Fische angelten, aber dass es tatsächlich unmöglich war, sie zu überlisten, holte uns auf den Boden der Tatsachen zurück. Wenn ein Zander nicht will, dann will er nicht. Mein Personal Best beim Hecht durch die neue Methode Auf dem Nachhauseweg blieben wir noch bei einem letzten Hotspot stehen. Wieder erschien eine deutliche Anzeige auf dem Echolot auf zirka neun Metern Tiefe über 16 Metern tiefem Wasser. Als Henrik das Boot optimal platziert hatte, ließ ich meinen Westin Twin Teez im Barschdekor schnell in die Tiefe, stoppte den freien Fall in etwa zwei Metern über der Fischanzeige und näherte mich langsam und mit ruhigen Zupfern dem vermeintlichen Zander des See Bunn. Wenn möglich, sollte man dem Fisch immer Zeit geben, sich dem Köder zu nähern und nicht umgekehrt, hatte ich Henriks Worte noch im Kopf, als mich plötzlich ein harter Schlag durchfuhr und ich mich einen Augenblick später im Stehen drillend wiederfand. Mein Kontrahent zog mir schnell und bestimmt mehrere Meter Schnur von der Rolle. Spannende Minuten folgten, bis ich ihn mit meiner Shimano Yasei Vertical Jigging endlich in den Kescher zwingen konnte und sich meine Vermutung bestätigte. Ein zweites Mal konnte ich mein Personal Best beim Hecht diesmal auf 108 cm erhöhen! Doch das sollte es noch nicht gewesen sein. Motiviert vom Großhecht machten wir aus dem letzten Spot den vorletzten und versuchten es noch einmal. Eine aussichtsreiche Sichel war schnell gefunden und der Köder auf Tiefe gebracht. Henrik war an der Reihe und dürfte den Rhythmus der Zander wohl plötzlich im Handgelenk gehabt haben, denn ohne großes Zögern wurde sein Köder attackiert. Der routinierte Anschlag saß und eine kopfwippende Rute ließ endlich auf den Zielfisch hoffen. Sekunden später sahen wir ihn dann auch schon im klaren Wasser des See Bunn, den Schädel eines massiven Freiwasserzanders!

Guter-Freiwasserhecht

Massiver-Schädel-des-108cm-Hechts

DSC_0678-1

Zander aus dem See Bunn

I´ll be back soon – Bald komme ich wieder zum See Bunn!
Die letzten Tage verbrachte ich intensiv damit, die neuen Erkenntnisse selbst in die Tat umzusetzen und konnte dabei auch noch einige schöne Hechte und Barsche überlisten. Doch gleich vorweg, ein Zander war mir nicht mehr vergönnt. Vielleicht, weil die Wassertemperatur von 21 auf 16 Grad gefallen war, vielleicht aber auch einfach deshalb, weil der See Bunn mich in seinen Bann ziehen und zur Wiederkehr überreden wollte. So oder so und wie schon so oft nach meinen Schwedentrips fuhr ich mit einer Gewissheit nach Hause: I’ll be back soon!

Steinpilze

Christinas-Flusskrebse

Noch ein Tipp: Seesaiblinge am Vättern
Wer übrigens Interesse daran hat, große Seesaiblinge im riesigen Vättern See zu fangen, kann eine Tour mit Henrik buchen. Die Salmoniden werden ebenfalls beim pelagischen Vertikalangeln gefangen und haben Durchschnittsgrößen zwischen 50 und 60 cm. Kapitale Fische können bis zu 90 cm Länge erreichen.

 

Kontakt und Buchung: Michael Kleemann, info@Jonkoping.de, www.Jonkoping.de, www.Fishing-in-Sweden.com

2014/12, Fangfrisch

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