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Sie kommt erst so richtig auf Touren, wenn der Stoffwechsel anderer Fische längst im Keller ist – die Quappe. Einfach zu fangen ist sie deshalb aber trotzdem nicht. Andreas Zachbauer fischt in seiner österreichischen Heimat auf die marmorierten Räuber (Quappen) und hat einige Tricks für Sie auf Lager.
Der einzige Vertreter der Dorschartigen im Süßwasser hat viele Namen: Quappe, Aalrutte, Quappaal, Aalraupe, Ruppe, Trüsche oder auch Treische. Er ist einer der mysteriösesten Fische unserer Flüsse und Seen. Die ganze warme Jahreszeit über sieht man nichts von der Quappe. Sie frisst wenig und bewegt sich kaum – bis zu den ersten kühlen Oktober- Nächten, wenn die Wassertemperatur die Zehn-Grad-Marke unterschreitet. Plötzlich erwacht sie zum Leben. Und während alle anderen Fische die tieferen, ruhigen Bereiche aufsuchen und ihren Kreislauf auf Sparflamme herunterfahren, kommen die Quappen in ufernahes, flacheres Wasser oder ziehen die kleinen Nebenflüsse hinauf. Ihr Ziel: sich zum Laichen sammeln und fressen, fressen, fressen! Von Weitem sieht es an vielen meiner Angelreviere aus, als wäre schon vorzeitig die Weihnachtsdeko angebracht worden. Überall kleine Lichter am Ufer. Doch es sind Angler, die es nach Feierabend an den Fluss gezogen hat. Dick vermummt schauen Sie auf ihre mit Knicklichtern bestückten Rutenspitzen. Alle paar Minuten hallt das hohe Klingeln eines Aalglöckchens durch die kalte, klare Luft. Quappen sind auch bei uns in Österreich beliebte Angelfische und üben eine besondere Faszination auf viele aus. Die Quappe ist durch ihr Äußeres und ihre heimliche Lebensweise einfach etwas ganz Besonderes – und dazu auch noch sehr, sehr lecker.
Hart am Grund
Die bevorzugten Standplätze der marmorierten Räuber könnten vielseitiger kaum sein. Wir treffen sie an Strömungskanten, am Fuße von Steinpackungen, an Buhnenköpfen, Spundwänden, Rückströmungen oder auch direkt im harten Strom. Die Quappe fühlt sich überall wohl, wo der Grund hart ist, also aus Sand oder Kies besteht, und sie ein paar Steine oder Hindernisse als Tagesversteck vorfindet. Mit Einbruch der Dämmerung zieht sie dann los, um sich den Magen vollzuschlagen. Geangelt wird immer hart am Grund. Je nach Strömung kommen dafür Bleigewichte zwischen 30 und 200 Gramm zum Einsatz. Die meisten Angler bei uns verwenden ihre schweren Feeder-Ruten, die sie im Sommer sonst zum Barbenangeln nehmen. Karpfenruten oder ganz einfache, kräftige Tele-Ruten tun es aber auch. Als Hauptschnur bietet sich in der Regel eine 0,35er Monofile an. Für das rund 50 Zentimeter lange Vorfach nehme ich 0,30er Mono. Dazu kräftige und nicht zu kleine Wurmhaken. Größe vier und sechs passen gut. Eine Bitte: Benutzen Sie möglichst keine rostfreien Haken. Denn Quappenangeln ist eine hängerträchtige Geschichte. Und eine abgerissene Quappe wird einen „normalen“ Haken viel schneller los. Er rostet, beschleunigt von den Verdauungssäften im Fischmagen, erstaunlich schnell weg.
Räuber mit Reißleine
Die Montage ist alles andere als kompliziert. Einzige Besonderheit: die Reißleine zwischen Blei und Anti-Tangle- Boom (Schnurlaufröhrchen). Ich verwende dafür ein Stückchen 0,25er Monofile. Oft verschleppen die Quappen beim Biss die ganze Montage, die sich dann häufig zwischen Steinen oder anderen Hindernissen verklemmt. Die 0,25er Schnur lässt sich in diesem Fall relativ leicht abreißen. Das Blei ist dann zwar weg, wir bekommen aber die Montage und vor allem den Fisch an Land. Dünner sollte die Reißleine übrigens nicht sein. Sonst laufen wir Gefahr, unnötig oft das Blei zu verlieren. Wichtig ist auch, dass Anti-Tangle-Röhrchen mit der langen Seite Richtung Vorfach zu montieren (siehe Zeichnung). So wird die Reißleine besser vom Vorfach ferngehalten – Verwicklungen sind selten.
Quappen-Happen
Als Köder kommt bei mir in erster Linie der gute alte Tauwurm zum Einsatz. Viele Experten schwören aber auch auf frische Leber. Ich habe es mir angewöhnt, zunächst beide Ruten mit Wurm auszulegen. Falls ich mit einem der Köder dann eine der bei uns in der Donau so häufigen Schwarzmeergrundeln fange, beködere ich eine Rute mit dem kleinen Fisch. Ich halbiere die Grundel dabei der Länge nach samt Kopf. So verströmt sie ordentlich Duft unter Wasser. Sollte keine Grundel beißen, bleibe ich halt bei Tauwürmern. Natürlich können Sie auch andere Köderfische verwenden. Quappen sind zwar nicht besonders wählerisch, trotzdem sollten Sie sich Gedanken darüber machen, welche Futterfische im jeweiligen Gewässer infrage kommen. Vor allem grundnah lebende Fischchen wie Kaulbarsche oder eben Grundeln passen prima ins Beuteschema der Bartelträger. Viele Angler denken, auf Köderfisch würden die größeren Quappen beißen, während mit Tauwurm eher viele kleine Fische gefangen werden. Meine Fangstatistik sagt etwas anderes – es spielt keine Rolle. Tauwurm und Köderfisch halten sich bei mir die Waage.
Exotische Note
Quappen haben ein feines Näschen. Das mache ich mir zu Nutze und behandle meine Köder mit Lockstoff. Viel habe ich in den letzten Jahren mit den verschiedensten Düften experimentiert und bin zu dem Schluss gekommen, dass es nicht nötig ist, teure Lockstoffe im Angelgeschäft zu kaufen. Denn die besten Erfahrungen habe ich – bitte nicht lachen – mit Fischsauce aus dem Asia- Laden gemacht. Es gibt viele verschiedene Sorten, die im Grunde aber alle aus Wasser, Zucker, Salz und Sardellenextrakt zusammengerührt werden. Ich nehme immer die mit dem höchsten Anteil an Sardellen, meistens in einer Literflasche und befülle damit einen kleinen Zerstäuber. Am Wasser besprühe ich den Tauwurm mit zwei, drei Hüben. Köderfische kann man auch schon vor dem Angeln für ein paar Stunden einlegen. Sie nehmen den Geruch der Fischsauce gut auf und geben ihn später über einen längeren Zeitraum ans Wasser ab.
Wo, wie und wann?
Die größte Schwierigkeit beim Quappenangeln besteht wahrscheinlich darin, ein Gewässer mit gutem Bestand und dann die perfekte Angelstelle zu finden. Ich fische vorwiegend in Donaurevieren im Raum Linz und Wien – sehr gerne zum Beispiel im Abwindner Recht. Das Besondere dort ist, dass es sich um die letzte Strecke unterhalb des Kraftwerkes handelt. Die Quappen stoßen bei der Wanderung auf die unüberwindliche Barriere und sammeln sich notgedrungen dort, um abzulaichen. Das lässt sich natürlich auf viele andere, auch deutsche Flüsse übertragen. Andere Strecken der Donau bringen allerdings ebenfalls sehr gute Fänge. Man muss nur hartnäckig sein, um den Moment zu erwischen, in dem die Quappen vorbeiziehen. Bewährt hat es sich, im Bereich von Flussmündungen zu angeln: zum Beispiel an den Mündungen der Enns und des Ennskanals sowie der Aist. Die Quappen scheinen sich an diesen Stellen zu sammeln, um dann gemeinsam ihre Laichgründe anzusteuern. Die Fluss-Quappen sind bei uns im Schnitt 45 Zentimeter lang. 60er werden recht häufig gefangen und immer wieder beißen einige Brocken von über 80 Zentimetern Länge. Das sind dann schon wirklich beeindruckende Fische – fett, mit breitem Rücken und wunderschön gezeichnet. Ein echter Winter-Traum! Bleibt die Frage, wo sie denn ziehen. Direkt an der Uferkante oder weit draußen im Strom? Legen Sie die Ruten auf jeden Fall immer gestaffelt aus. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, den Wanderweg der Süßwasserdorsche zu treffen. Ich lege eine Montage immer direkt am Fuß der Steinpackung aus. Die andere landet an der Kante zur Fahrrinne. Wenn das Licht ausgeht, wisst Ihr, ob Ihr richtig steht. Die erste Beißzeit kommt meistens in der Dämmerung und hält ein paar Stunden an. Dann ist der erste Hunger gestillt und es kann eine Weile dauern, bis die Quappen wieder ziehen. Jetzt heißt es Tee trinken und durchhalten, denn mitten in der Nacht gibt’s oft noch mal eine Beißzeit. Und gerade die großen Exemplare scheinen dann hungrig umherzustreifen. Quappen laichen zwischen November und März. Zuerst kommen die Männchen und machen sich auf die Suche nach flachen Sand- und Schotterbänken. Etwas später treffen die Weibchen ein. Dann wird für Nachwuchs gesorgt und gleichzeitig gefressen, was das Zeug hält. Auch kurz nach dem Laichgeschäft sind noch gute Fänge möglich. Allerdings ziehen sich die Fische dann schon wieder langsam zurück in Richtung Hauptstrom, wo sie nahezu unerreichbar die wärmere Jahreszeit verbringen.
Druck machen!
Die Bisse sind oft sehr unscheinbar. Obwohl ich meine Ruten mit Aalglöckchen bestücke, klingelt es häufig nicht mal, weil die Bisse so zaghaft ausfallen. Gerne bleiben die Quappen einfach liegen, wenn sie den Köder geschluckt haben. Erst beim Einholen merken wir, dass ein Fisch am Haken hängt. Es kann aber auch vorkommen, dass die Quappe mit dem Köder im Maul davon schwimmt und sich dabei selber hakt. In diesem Fall ist es gut, wenn die Ruten sicher und stabil am Ufer stehen. Ich schwöre auf mein High Pod, dass ich sonst zum Karpfenangeln verwende. Das steht auch auf steinigem Untergrund absolut stabil und ermöglicht es, die Ruten schön steil in den Himmel ragen zu lassen. Dadurch kann ich viel Schnur aus der Strömung heraushalten. Quappen sind – eine gewisse Größe vorausgesetzt – kräftige Kämpfer und sollten hart gedrillt werden. Schlagen Sie beim Biss sofort an und versuchen Sie, den Fisch vom Grund wegzubekommen. Die Quappe wird alles daran setzen, ein rettendes Versteck zwischen Steinen oder Geäst zu erreichen. Gelingt ihr das, ist aber noch nicht alles verloren. Es gibt einen Trick, mit dem wir die eine oder andere Quappe doch noch zu einem Landgang überreden: Halten Sie die Schnur auf Spannung und klopfen Sie unaufhörlich mit der Faust auf den Rutenblank. Die Quappe wird dadurch so genervt, dass sie nicht selten klein bei gibt und ihr Versteck verlässt. Klappt das nicht, legen Sie die Rute mit geöffnetem Schnurfangbügel einfach ab und warten Sie eine Weile. Manchmal kommt die Quappe von ganz alleine wieder aus ihrem Unterschlupf. Der Abriss sollte immer nur als allerletzte Möglichkeit gesehen werden. Schließlich ist es jammerschade, einen Fisch auf diese Art zu verangeln.
In die Pfanne oder zurück?
Die meisten Angler denken nicht daran, einen so schmackhaften Speisefisch wie die Quappe zurückzusetzen – ihr weißes Fleisch ist fetthaltig, aromatisch und sehr zart. Wir sollten aber nicht vergessen, dass die Dorschverwandten kurz vor dem Laichen stehen und – zumindest bei uns an den Donau-Gewässern – helfen, die invasionsartige Vermehrung der eingebürgerten Grundeln in Schach zu halten. An anderen Gewässern haben die Quappen mit Flussverbauungen zu kämpfen und können sich eh nur noch begrenzt vermehren. Kurz gesagt: Ist eine Quappe nur knapp gehakt, was eh selten vorkommt, setzen Sie auch mal eine zurück. Die anderen können Sie auf alle erdenklichen Arten zubereiten. Ich mag sie allerdings am liebsten geräuchert. Als besonderes Schmankerl gilt – übrigens schon zu Zeiten des Römischen Reiches – die große, fettreiche Leber der Quappe. Kurz mit etwas Salz anbraten und auf geröstetem Weißbrot verstreichen. Ein Gedicht! Die Verarbeitung ist ähnlich wie beim Aal. Nehmen Sie den Fisch aus und ritzen Sie mit einem scharfen Messer die Haut hinter dem Kopf rundherum ein. Nun lässt sich die Haut abziehen – so als würden Sie eine Socke ausziehen. Meist muss man im Kopfbereich ein wenig Haut vom Fleisch trennen, damit die Finger irgendwo Halt finden. Der Kopf wird erst nach erfolgreicher Häutung abgetrennt. Er dient zum Festhalten. Tipp: Bestäuben Sie die Quappe mit etwas Sand oder Mehl, dann flutscht Sie Ihnen nicht durch die Finger. Ich wünsche Ihnen spannende Winterabende am Wasser und guten Appetit.
2010/01, Rute & Rolle
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2 Antworten auf Quappen – mit Grundeln und Glöckchen (2010/01, Rute & Rolle)