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Launische Biester – Freiwasserangelei auf Hecht (2016/01, Fangfrisch)

  • date
  • 1. Februar 2016

Beim Gedanken an Freiwasserhechte sehen die meisten Angler vor ihrem geistigen Auge ein Ruderboot, zwei Sideplaner und einen schwitzenden Kerl, der den ganzen Tag lang auf dem See seine Bahnen zieht. Viele Jahre lang hat sich meine Hechtangelei an großen, tiefen Gewässern ebenso abgespielt.

 

Nicht, dass diese Methode uneffektiv wäre, aber mit der Zeit habe ich den Gefallen daran verloren. Beim Angeln die Rute in der Hand zu halten und eines dieser launischen Biester mittels gezieltem Wurf und angepasster Köderführung zum Biss zu verleiten, macht mir einfach mehr Spaß. Wenn dieser Vorgang zudem noch auf einer Wasserwüste ohne sichtbare Anhaltspunkte vonstatten geht, bin ich der glücklichste Angler weit und breit! Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich wirklich darüber getraut habe, mit Jerk- und Swimbaits mitten im „Nirgendwo“ stundenlang zu werfen. Nie hätte ich damit begonnen, wären durch die jahrelange Schleppangelei nicht viele Einzelerkenntnisse zu einem großen Ganzen herangewachsen.

Wo stehen die Hechte im Freiwasser?
Eines gleich vorweg: Die Standplätze von Freiwasserhechten variieren von Gewässer zu Gewässer sehr stark, sind aber immer abhängig von Futterfischschwärmen, Unterwasserstrukturen und Strömungen. Letztere gibt es auch im Stillwasser, denn bläst z.B. der Wind in einem großen Gewässer tagelang auf eine Bucht zu und dreht dann plötzlich, so fließt Wasser aus dieser Bucht ab und es entsteht eine Strömung. Wenn ihr Hechte am Echolot unter einem Futterfischschwarm stehen seht, könnt ihr davon ausgehen, dass sie sich im „Babysitter-Modus“ befinden und den Schwarm nur begleiten. Stehen sie vertikal gesehen mitten im Schwarm, dann fressen sie auch. Die optimale Angeltiefe hängt davon ab, ob das jeweilige Gewässer im Sommer stratifiziert, also eine Sprungschicht oder eine Zone mit Temperaturverlauf ausbildet. Dazu muss es tief genug sein. Die Hechte befinden sich in der warmen Jahreszeit in, auf oder über der Sprungschicht. Im Herbst und Winter stehen sie jedoch oft teilweise doppelt so tief der aber auch ganz flach unter der Oberfläche, was das Finden der Räuber erschwert. Hechtstandplätze muss sich jeder für sein Gewässer am Ende des Tages selbst erarbeiten. Was ich euch aber näherbringen möchte, sind die Bedingungen und einige Tricks, wie ihr diese Fische auch ans Band bekommt.

 

Hechtpsychologie
Hechte lassen sich in ihrem Verhalten im Wesentlichen in drei Gemütszustände einteilen, und zwar in negativ, neutral und positiv. Besonders in großen Gewässern, wo sich die Räuber oft mitten im „Nirvana“ aufzuhalten scheinen, korrelieren diese Zustände besonders stark mit drei äußeren Einflüssen, so genannten Triggern. Erstens mit dem Mond, zweitens mit dem Wetter und drittens mit dem Luftdruck. Genau in dieser Reihenfolge wirken sich diese laut meinen Aufzeichnungen auch auf das Beißverhalten der Hechte aus. Wasserstand und Wassertrübung möchte ich hier einmal außen vor lassen, da diese sehr spezifische Auswirkungen auf einzelne Gewässer haben.

Mondsüchtig
Ich habe dabei festgestellt, dass nicht unbedingt (wie oft vermutet) Mondauf- und Monduntergang neutrale bis positive Stimmungen erzeugen, sondern der Höchst- (Moon Overhead) und Tiefststand (Moon Underfoot) und dabei besonders letzterer. Somit angle ich rund um den Vollmond sehr gerne tagsüber, bei Neumond eher in der Nacht. Spezielle Konstellationen zur Sonne zeigen ebenfalls ihre Wirkung. Fällt der Mondauf- oder -untergang fast zeitgleich auf den Sonnenaufgang oder -untergang, gehe ich von einer positiven Verstärkung bei den Hechten aus und versuche am Wasser zu sein. Die nachfolgende Auflistung soll den Mondanbetern unter euch ein wenig dabei helfen, ihre Angelzeit optimal einzuteilen.

  • Mondaufgang: 1,5 Stunden davor bis 1 Stunde danach
  • Moon Underfoot (Tiefststand): 1 Stunde davor bis 1 Stunde danach
  • Monduntergang: 0,5 Stunden davor bis 1 Stunde danach
  • Moon Overhead (Höchststand): 0,5 Stunden davor bis 0,5 Stunden danach

Unbedingt Wetter & Luftdruck beachten
Gerade bei schlechten, der Jahreszeit nach untypischen Bedingungen hat sich herausgestellt, dass genau jene Wetterfront die den Normalzustand wiederherstellt, sich besonders positiv auf die Laune von Freiwasserhechten auswirkt. Je länger das Wetter ntypisch ist, desto größer ist danach der Einfluss auf die Beißfreudigkeit. Dies bringt mich auch schon zum nächsten Faktor, dem Luftdruck. Lange bin ich davon ausgegangen, dass sich dadurch nur die Zander beeinflussen lassen, doch ich wurde eines Besseren belehrt. Auch auf die Laune der Hechte können schon minimalste Luftdruckschwankungen einen Einfluss haben. Die vorher angesprochenen Wetterfronten gehen mit großen Luftdruckveränderungen einher und genau das zieht bei den Hechten. Ein für Zanderangler tödliches ständiges „Auf und Ab“ scheint den Hechten richtig gut zu tun. Das bedeutet für mich, dass ich bei konstanten Bedingungen Zander angeln und bei wechselnden Bedingungen Hecht angeln gehe.

Faktor Licht
Ein weiterer Beißlaunen-Trigger, der sich im Laufe der Jahre bei mir bemerkbar gemacht hat, hängt mit den Lichtbedingungen uusammen. Wenn an einem bis dato wolkenfreien Tag Wolken vor die Sonne ziehen, beginnen die Hechte oft ins Flachwasser zu wandern. Sie scheinen die schlechteren Lichtbedingungen als förderlich für ihre Tarnung während der Jagd zu erachten. Ebenso hatte ich aber sehr gute Erfolge an sehr trüben Tagen, an denen ich während kurzer Sonnenfenster gleich mehrere Hechte fangen konnte. Wie beim Luftdruck scheinen auch sich ändernde Lichtbedingungen positive Stimmungen hervorzurufen. Ich habe hier auf Basis meiner Aufzeichnungen eine Liste mit weiteren Wetter-Triggern für euch zusammengestellt:

  • Nebel
  • Klar zu wolkig
  • Wolkig zu Regen oder Schnee
  • Windstill zu windig
  • Wetterfront
  • Gefrieren
  • Windrichtungsänderungen
  • Kalt und windstill
  • Gewitter
  • Wassertemperaturabfall
  • Windgeschwindigkeitserhöhung
  • Schnell fallende Wassertemperaturen (Herbst)

 

Der Angler selbst kann Einfluss nehmen
An äußeren Einflüssen wie Mond und Wetter ist bekanntlich nicht zu rütteln. Es gibt aber durchaus ein paar Tricks, die man ausprobieren sollte, wenn die Hechte nicht so richtig in Beißlaune kommen.

Hier ein paar Anregungen:

Downsizing: Manchmal fängt man auch richtig große Hechte mit Barschködern. Warum auch immer, es funktioniert!

Einholgeschwindigkeit Mach 4 (Überschall): „Crankt“ eure Köder herein, so schnell ihr könnt, ihr werdet einen Hecht in Angriffslaune (7 Meter pro Sekunde) nie überholen können.

Slalom: Reißt eure Rute beim Einholen nach links und rechts und erwirkt damit abrupte Richtungsänderungen!

Figure 8: Bei Muskyanglern in den USA Standard, bei uns kaum praktiziert. Es geht darum, am Ende des Einholens
den Köder nicht aus dem Wasser zu heben, sondern entweder in Form einer Acht oder eines Kreises neben dem Boot weiterzuführen. Nachlaufende Hechte lassen sich dadurch noch kurz vorm Boot zum Anbiss triggern.

Dranbleiben & zurückkehren: Wenn ihr einen Hechtstandort wisst, dann bleibt dran – probiert verschiedenste
Köder – verlasst den Spot und kehrt eine Stunde später wieder zurück – irgendwann wird es jeder Hecht-Diva zu bunt.

Packs and Pairs: Freiwasserhechte sind oft nicht alleine unterwegs. Sie kooperieren bei der Jagd oft mit einem gefräßigen
Kameraden. Habt ihr also einen Hecht erwischt, könnte noch ein zweiter in Wurfweite stehen.

Schädelbeißer: Habt ihr einen Hecht gefangen oder einen Fehlbiss gehabt, achtet darauf, welchen Körperteil des Köders er attackiert hat. Ist es der Kopf, könnt ihr davon ausgehen, dass die Hechte in positiver Laune sind.

Running & Gunning: Besonders an neuen Gewässern oder an Tagen, an denen an bekannten Spots nichts geht, heißt es Meter machen! Hierfür eignen sich besonders Köder, die nicht zu tief laufen und schnell eingeholt werden können.

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Zusätzlich zu diesen Tipps spielen natürlich auch die angebotenen Köder eine nicht unwesentliche Rolle. Hier meine Favoriten:

  • Strike Pro Buster Jerk
  • Esox Research Hell Hound™
  • Strike Pro Wolftail
  • Svartzonker McRubber Shad
  • Lucky Lures Esox Junior
  • Lucky Lures Lucky Trout
  • Eumer Spin Tube
  • Storm Wildeye Seeker Shad

Zu den Farben kann ich euch nur sagen, dass diese von Gewässer zu Gewässer wieder sehr stark variieren. Zwei Tipps habe ich aber für euch: In der Nacht zieht schwarz und im Winter weiß.

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Fangbuch führen
Fast all mein Wissen und die Dinge an die ich wirklich glaube, ziehe ich aus meinen Notizen. Ich habe dafür jahrelang kleine Zettel am Wasser gekritzelt und die Daten dann mühsam in eine Excel-Liste am Rechner überführt. Seit einigen Monaten nütze ich zu diesem Zweck eine einfache mobile App namens „tiddlr“. Sie deckt alle wichtigen Parameter ab und diese lassen sich dann gemütlich zuhause bearbeiten. Egal ob oldschool oder newschool, schreibt alles auf, was euch am Wasser auffällt und versucht im Anschluss daran Patterns (wie die Amis so schön sagen), oder auf gut Deutsch Muster zu entwickeln, die euch in Zukunft noch schneller zum Fisch und vielleicht sogar zum Fisch eures Lebens führen werden!

2016/01, Fangfrisch

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