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Wer in einem neuen, noch unbekannten Gewässer erfolgreich Raubfische überlisten will, braucht erst einmal Zeit – oder eine gute Strategie. Andreas Zachbauer hilft uns, schneller zum guten Fang zu kommen.
Ohne lange zu überlegen, entscheide ich mich für eine bestimmte Buhne mit ausgespülter Prallseite, werfe ca. 20 Meter stromauf genau an die Strömungskante und lasse meinen intuitiv ausgewählten Gummifisch genau in die tiefe Rinne entlang der Buhne spülen. Schon in der zweiten Absinkphase kommt der erhoffte „Tock“ in der Rute und ein schöner Stromzander erscheint im Abendrot an der Wasseroberfläche.
So oder ähnlich sieht es aus, wenn wir an unseren über lange Jahre erarbeiteten Gewässern unterwegs sind. Die unzähligen Stunden am Wasser, Bisse, Drills, Fische und Verluste haben sich in unser Gedächtnis eingebrannt und ergeben eine Art erlernter Intuition, die wir mit jedem Angeltag weiter schärfen und deren Anwendung uns regelmäßig zum Erfolg bringt. Wie so oft im Leben fängt der Erfolg da an, wo man aufhört, nachdenken zu müssen.
Ganz anders sieht die Sache an einem völlig unbekannten Gewässer aus. Ohne Vorbereitung steht man oftmals vor einer großen Wasserfläche ohne jede Idee, wo und wie man beginnen könnte zu angeln. Natürlich findet man relativ schnell Analogien zum eigenen Revier und mögliche Erfolgsansätze, doch wird man auch hier zuerst viele Stunden am Wasser verbringen müssen, um die lokalen Gegeben- und Eigenheiten verstehen und richtig interpretieren zu können. Damit ich die Anzahl der Lehreinheiten möglichst minimieren und das Erfolgspotential maximieren kann, steht bei mir eine ausführliche Recherche des Gewässers an erster Stelle. Sogar an mir bereits bekannten Gewässern sammle immer wieder alle verfügbaren Informationen und setze diese gedanklich zu einem großen Ganzen zusammen. Schon bevor ich das erste Mal am Wasser bin, entwerfe ich sozusagen am Reißbrett eine mögliche Strategie und versuche, mich bestmöglich vorzubereiten.
Mein erster Weg führt mich natürlich ins Internet. Zu fast jedem Gewässer gibt es mehr oder weniger ausführliche Beschreibungen auf Vereinsportalen, Gewässerindizes (z.B. www.fischradar.com) oder zumindest den einen oder anderen Beitrag in Angelforen (z.B. www.angelforum.at) oder Blogs. Idealerweise stößt man auf Tiefenkarten oder Schichtenpläne und kann sich so ein perfektes Bild machen. Auf jeden Fall sollte man sich aber via Google Maps das Satellitenbild ausdrucken und mit ans Wasser nehmen. Wer es an einem neuen Donaurevier versuchen möchte, ist klar im Vorteil, denn unter at.d4d-portal.info wurde der gesamte Strom für die Binnenschifffahrt vom Ursprung bis zur Mündung kartographiert.
Wer sich in jedem Fall ausforschen lässt, ist der Pächter des jeweiligen Gewässers. Ein kurzes E-Mail oder sogar Telefonat kann den entscheidenden Tipp bringen und vielleicht zu Personen weiterleiten, die geführte Angeltouren (www.angelguiding.com) anbieten oder zumindest bereit sind, das Gewässer einmal gemeinsam zu begehen und beangeln.
In Rechercherunde zwei sollte man sich nach fixiertem Ersttermin für die neue Angellocation jene fünf Faktoren ansehen, die an jedem Gewässer entscheidend sein können. Wichtig: erst die richtige Kombination dieser Faktoren unterscheidet Schneidertage von Sternstunden. An unserem Hausgewässer entwickeln wir mit der Zeit einen sechsten Sinn für die richtigen Bedingungen, an neuen Revieren kann man sich mit ein wenig Grundwissen behelfen.
Wetter
Über das richtige Raubfischwetter wird viel spekuliert. Am Ende wird aber nicht das Wetter alleine verantwortlich sein für Erfolg oder Misserfolg. Die Tatsache, dass die meisten Fische bei schönem Wetter gefangen werden, steht meiner Meinung nach in direktem Zusammenhang mit der Abneigung der Angler, bei Regenwetter nicht angeln zu gehen. Besonders für die Zanderangelei kann und wird jedoch der Luftdruck ein Erfolgsfaktor sein – je konstanter, desto besser lautet die Devise. Der Wels wiederum kommt bei großer Hitze und richtigen Hochsommertagen in Rage.
Wasserstand
Der Wasserstand kann darüber entscheiden, ob gewisse Hotspots überhaupt erreichbar sind. An neuen Gewässern empfiehlt sich deshalb eine Begehung bei sehr niedrigem Wasserstand. Erhöhtes Wasser in Flüssen führt zu stärkerer Strömung und drückt die Futterfischschwärme in strömungsgeschützte Bereiche. Große Raubfische können besonders zu dieser Zeit gezielt beangelt werden. An Stauseen hingegen gehen Wasserstandsschwankungen oft mit schlechten Fangerfolgen einher, da sich die Fische neu sortieren.
Wassertemperatur
Der Fisch als wechselwarmes Lebewesen passt seine Stoffwechselaktivitäten an die Wassertemperatur an. Besonders Friedfische sind bei Kälte wenig aktiv, Raubfische wie der Huchen z.B. rauben jedoch auch im Winter aktiv weiter, verdauen die Nahrung aber entsprechend langsamer. Generell kann man bei sehr kaltem (unter fünf Grad) und sehr warmem Wasser (über 20 Grad) von erschwerten Bedingungen sprechen. Bei normalen Temperaturen habe ich die Erfahrung gemacht, dass eine konstante Wassertemperatur gute Fangchancen birgt.
Wasserfarbe
Die empfindlichen Augen eines Zanders werden rasch geblendet an einem sonnigen Tag mit klarem Wasser. Die Fische stehen entsprechend tiefer und fressen großteils nur in Dämmerung und Nacht. Bei trübem Wasser jedoch kann man auch am helllichten Tage mit Zandern rechnen. Hechte, Barsche und Welse sind davon nicht so stark betroffen. Beim Hecht kann es bei normalerweise klaren Gewässern zu sehr schlechten Fangerfolgen führen, ist das Wasser getrübt.
Mondphase
Der Mond spielt meiner Meinung nach für alle Fischarten eine Rolle, und das nicht nur in den Ozeanen, wo aufgrund des Tidenhubs mehr oder weniger Futter freigespült wird. In Jahrmillionen hat sich bei Fischen ein Biorhythmus entwickelt, der sie insbesondere in der Voll- und der Neumondphase eines jeden Monats aktiv werden lässt. Laut meiner persönlichen Raubfischstatistik der letzten Jahre haben sich besonders die jeweils 3 Tage vor und nach dem Vollmond als erfolgreich herauskristallisiert.
Hat man seine Hausaufgaben gemacht, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, das Gewässer erstmalig zu besichtigen – ohne Rute, ohne Rolle. Ich persönlich mache normalerweise einen ausgedehnten Beobachtungsspaziergang mit dem Hund. Angelzeug wäre für diesen Erstbesuch ein unnötiger Ballast, denn mit der Rute in der Hand kann man sich viel schlechter auf Dinge konzentrieren, die rund um einen geschehen. Außerdem erzählen ortskundige Angler oft viel offenherziger von ihren Erfolgen und Geheimnissen, wenn ihr Gegenüber nicht mit fertig montierten Ruten darauf wartet, die Raubfische auf dem Silbertablett serviert zu bekommen. Diese Gespräche sind Goldes wert und können einem – sofern richtig interpretiert – jede Menge Zeit und Ärger ersparen. Man muss natürlich auch ein gewisses Gespür für Menschen, oder besser gesagt angelnde Menschen entwickeln um zu erkennen, wo die Wahrheit übergeht in Anglerlatein.
Worauf soll man nun bei der ersten Gewässerbegehung achten? Die Antwort ist einfach: Auf alles, was im, über dem und unmittelbar rund um das Gewässer vor sich geht. Die offensichtlichen Hotspots, also versunkene Bäume, Krautfelder, Seerosen, Brückenpfeiler, Mündungen und speziell in Flüssen Buhnen und ausgespülte Außenkurven sind schnell ausgemacht und in der ausgedruckten Satellitenaufnahme markiert. Mithilfe eines Echolots wäre natürlich noch wesentlich mehr über das Gewässer zu erfahren, aber es geht auch so. Versierte Flussangler können anhand der Wasseroberfläche erkennen, wenn sich Hindernisse oder Löcher am Grund befinden. Strömungskanten und Kehrströmungen können auf demselben Wege ausgeforscht werden. An großen stehenden Gewässern orientiert man sich an der Aktivität von oberflächennahen Fischen, vor allem aber auch an Wasservögeln. Wenn sich Möwen, Haubentaucher, Kormorane oder auch Gänsesäger auf offener Wasserfläche versammeln, kann das nur eines bedeuten: Futterfisch! Des Weiteren ist kein Gewässer wirklich stehend. Es gibt überall Strömungen verursacht durch Wind, Ein- und Abläufe etc. Ansammlungen von Treibgut an der Oberfläche bieten nicht nur Schatten – meistens sammelt sich auch in den darunterliegenden Wasserschichten Nahrung an.
Mithilfe des ersten Lokalaugenscheins lasse ich meine Strategie parallel zur weiteren Anhäufung von Informationen von Tag zu Tag ein Stück wachsen. Egal, wie lange man übrigens schon an einem Gewässer angelt, das Gesamtkonzept ist niemals fertig und genau das macht unser Hobby so spannend! Wenn ich nun auf Basis der fünf Erfolgsfaktoren den richtigen Termin für meinen ersten Angeltag am neuen Gewässer gefunden habe, stellt sich nur mehr die Frage: Was muss ins Gepäck? Gibt es am Ufer ausgedehnte Flachbereiche. kommt die Wathose auf jeden Fall mit. Ansonsten verzichte ich möglichst auf jedes überflüssige Utensil, um mobil bleiben, ermüdungsfrei angeln und Meter machen zu können. Mit zwei Ruten und einem kleinen Rucksack muss ich auskommen. Zum einen setze ich meistens auf eine mittelschwere Zanderspinnrute, die im Notfall auch kleinere Köder auf Barsch und Schied, jedoch auch einmal einen 16 cm Gummifisch am schweren Jigkopf wirft. Die Shimano Aspire in 2,70m Länge mit 20-50g Wurfgewicht bestückt mit einer 3000er Shimano Vanquish und 0,15er Power Pro ist meine erste Wahl. Die zweite Rute soll vor allem größere Swimbaits und Jerks zum Tanzen bringen. Diesen Zweck erfüllt die Shimano Yasei Jerkbait kombiniert mit einer Shimano Calcutta 201 und 0,23er Power Pro.
In unbekannten Gewässern – und generell immer, wenn man mit Hechten rechnen kann – ist ein dünnes Stahlvorfach beim Spinnangeln und 1×1 Titan beim Jerken Pflicht. Davor kommen mittels starkem Vorfachring oder Wirbel (z.B. Stroft) noch einmal 1,5 bis 2 Meter 0,40er Fluorcarbon und erst dann mittels Mahinknoten die Hauptschnur. Eine kleine Vorfachtasche mit ausreichend selbst gebundenen Vorfächern und eine kleine Rolle Fluorcarbon sollten reichen.
Das schwierigste Thema sind natürlich die Spinnköder. Damit ich mich hier nicht allzu sehr einschränken muss, wird das allgemeine Zubehör relativ gering gehalten: Zange, Messer, Polbrille, Fotoapparat, Jigköpfe, Stinger Knoblauch-Spray für die Softbaits und eine Flasche Wasser für mich. Die Regel Nummer Eins zum Aussortieren der Spinnköder ist einfach: Nur das mitnehmen, was fängt. Zwei große Plano-Boxen haben in meinem Rucksack Platz. Das sollte eigentlich reichen, würde man meinen …
Box Nummer 1 – Hardbaits:
Erprobte Jerks, Swimbaits, Wobbler und ein paar Joker.
Box Nummer 2 – Softbaits:
No-Action, Low-Action und Action Shads in gängigen Farben von 8cm bis 16cm Länge.
Natürlich werden im Vorfeld noch einmal alle Haken auf ihre Schärfe überprüft. Wer mobil bleiben möchte, kann keine Ersatzdrillinge etc. im Gepäck haben.
Endlich am Wasser – diesmal inklusive Equipment und exklusive Hund – gilt es, der eigenen Strategie treu zu bleiben und sich nicht von einem raubenden Fisch am anderen Ende des Gewässers aus dem Konzept bringen zu lassen. Erkenntnisse aus der Tiefenkarte müssen bestätigt werden. Dazu beginne ich meistens mit einem kleineren Softbait am schweren Jigkopf. Nachdem ich den Uferbereich auf Löcher, Rinnen und Erhebungen untersucht habe, arbeite ich mich fächerförmig in Richtung Gewässermitte vor und gehe bei Bedarf mit der Wathose ins Wasser. Um mögliche Fischkontakte beim „Ausloten per Spinnrute“ möglichst sicher verwerten zu können, verwende ich auch bei den kleinen Gummis kurze Jighaken und Zusatzdrilling. Jeder kleine Raubfisch kann mir in dieser Phase weitere Informationen liefern. Mögliche entdeckte Unterwasserhotspots und vor allem Raubfisch-Durchzugsbereiche notiere ich gedanklich in einer „Mindmap“ und ackere diese dann später Schritt für Schritt mit den verschiedenen Ködertypen ab. Im Freiwasser werden solche Punkte zusätzlich per GPS gespeichert. Da heutzutage schon fast jeder ein Smartphone einstecken hat und auch für jedes Betriebssystem entsprechende Lokalisierungs-Apps (Google Maps, etc.) angeboten werden, ist es nicht mehr notwendig, sich für diese Zwecke ein teures GPS-Gerät anzuschaffen.
Damit man Erfolgserlebnisse – wie jenes im ersten Absatz dieses Artikels beschriebene – auch an neuen Gewässern regelmäßig genießen kann, ist es unabdingbar, sich ordentlich vorzubereiten. So kann man das nötige Quäntchen Glück ein wenig wahrscheinlicher machen und springt nicht wieder und wieder ins sprichwörtliche „kalte Wasser“.
2013/11, Fisch & Wasser
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