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Schärengarten – Wir Fischer von Ingmarsö (2012/01, Fisch & Wasser)

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  • 1. Januar 2012

Beißfreudige Hechte, riesige Heringschwärme, atemberaubende Landschaft: Andreas Zachbauer über eines seiner liebsten Angelreiseziele, die Schären vor der schwedischen Küste.

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Schon früh regte sich der Wunsch in mir, endlich einmal in den Norden zu reisen, um den schwedischen Schärenhechten nachzustellen. Und vor einigen Jahren erfüllte ich mir diesen Traum: Meine Reise führte mich nach Ingmarsö. Ich wollte nicht in eines der großen Angelcamps im Schärengarten, sondern lieber in eine etwas einsamere Gegend mit wenig Angeldruck. Seither hat mich diese Insel nicht mehr losgelassen und zieht mich jedes Frühjahr auf´s Neue in ihren Bann. Jeder Besuch fühlt sich an, als wäre man zum ersten Mal hier und würde nahezu unberührte Gewässer unglaublicher Ausmaße beangeln. Der Schärengarten ist ein etwa 300 Kilometer langer Küstenabschnitt, der von der Ostküste Schwedens bis hinauf nach Stockholm reicht. Der Salzgehalt in dieser Region ist geringer als anderswo in der Ostsee, weswegen auch Süßwasserfische wie Hecht, Zander, Barsch, Aal und verschiedene Weißfischarten das vielfältige Nahrungsangebot nutzen. Natürlich gibt es auch die typischen Ostseefischarten wie Lachse, Meerforellen, Heringe und Schollen. Schon aus dem Flugzeug genieße ich den fantastischen Ausblick und gleich nach der Ankunft wartet der Camp-Betreiber Henry Salomonsson auf uns. Nach etwa eineinhalbstündiger Fahrt (inklusive zehn Minuten mit der Fähre) kommen wir schließlich an der Küste an und verladen unser Gepäck auf Henrys 150 PS starkes Boot, das uns auf die Insel bringt. Unsere Unterkunft, eine 200 Meter vom Bootssteg entfernte Holzhütte, bietet jeglichen gewünschten Komfort – von der Küche bis zur Sauna. Sobald wir alles verstaut haben, führt der Weg zum nahen Greißler, der auch ein paar hier überaus fängige Ködermodelle im Angebot hat.

Schwedische Landschaft

Hechtsuche per GPS.
Unsere nächste angelspezifische Tätigkeit ist das Studium der Gewässerkarte, auf der uns Henry jedes Jahr neue Hotspots zeigt. Der Schärengarten lebt nämlich, muss man wissen, und wo im Jahr zuvor noch offene Flächen lagen, steht heuer auf einmal Schilf. Und umgekehrt. Übrigens kann es nicht schaden, sich ein GPSGerät mit Gewässerkarte zu besorgen, vor allem, wenn man zum ersten Mal in Ingmarsö ist. Die vielen Inseln ähneln einander sehr, und wenn es nebelig ist, kann die Heimfahrt schnell zur Herausforderung werden. Jetzt aber hinaus aufs Wasser und ran an den Hecht. Sobald man mit dem Boot den kleinen Hafen verlässt, befindet man sich eigentlich schon mitten in der fängigen Zone. Hat man ein nettes Plätzchen entdeckt und einen Fisch gefangen, wäre es falsch, gleich den nächsten Hotspot zu suchen. Wir konnten in winzigen Buchten bis zu fünf Hechte fangen, und nicht selten kam der größte zum Schluss – aufgestachelt durch den Trubel, den seine kleineren Artgenossen zuvor veranstaltet hatten. Unser Mittagessen bereiten wir übrigens in der Regel in freier Natur zu. Etwas Besseres als frisch filetierten Hecht, gegrillt am Lagerfeuer, kann man sich eigentlich nicht vorstellen.

Grundausrüstung für den Schärengarten

Jerken wirkt.
An Ausrüstung habe ich immer eine schwere Spinnrute mit 50 bis 100 Gramm Wurfgewicht im Gepäck und eine etwas leichtere als Reserve. Eine Rolle der Größe 3000 bis 4000, bespult mit 0,15er bis 0,20er geflochtener Schnur, ist Standard. Zum Jerken habe ich 2 Kombos im Gepäck, eine leichtere für kleinere Swimbaits und Jerks und eine schwere Rute für die richtig großen Köder. Hier verwende ich natürlich Multirollen und Schnurstärken ab 0,20 Millimeter. Obwohl sich auch mit dem toten Köderfisch – vor allem mit den im Frühjahr in großen Schwärmen laichenden Heringen – gute Fische fangen lassen, konzentriere ich mich in Schweden rein auf die Spinnangelei in all ihren Varianten. Generell ist es ratsam, ein paar Köder zuviel im Gepäck zu haben. Schon mehrmals stellten sich gewisse Köder, die man eigentlich nur aus Verlegenheit (und um sie wenigstens einmal nass zu machen) verwendete, als besonders fängig heraus, und was im Jahr zuvor noch fing, kann heuer schon eine Niete sein. Meine eigenen Köderboxen bestücke ich in der Regel mit einigen Gummifischen von 15 Zentimeter Länge in naturnahen und grellen Farben und einigen Blinkern und Wobblern in verschiedenen Dekors. Eigentlich macht mir die Angelei mit Jerk- und Swimbaits über den flachen Krautfeldern aber am meisten Spaß, weshalb auch drei Viertel meines Sortiments aus diesen Ködern bestehen. Nichts jagt einem mehr Adrenalin durch den Körper als der Biss eines großen Hechtes direkt neben dem Boot auf Sicht. An manchen Tagen knallen die Fische so gnadenlos auf den Köder, dass das Wasser zu explodieren scheint und man mit allen möglichen Köderformen und -farben experimentieren kann. Schon einen Tag später aber kann es sein, dass jeder Köder ausgiebig beäugt und im Zweifelsfall links liegen gelassen wird. Je nachdem, wie aggressiv die Fische gerade beißen, verwende ich schnell sinkende Jerkbaits, die ich flott übers Kraut führe, oder Suspender, die ich zum Teil sekundenlang an der Stelle stehen und zittern lassen kann. So lässt sich denn auch an schwierigen Tagen der eine oder andere Hecht doch noch zum Anbiss verleiten. Und wenn nicht?

Hecht auf Schwedenzalt

Heringsfang.
Aus Erzählungen – und mittlerweile aus eigener Erfahrung – wissen wir, dass im Mai die Heringe zum Laichen ins Brackwasser ziehen. Gemeinsam mit Henry haben wir mögliche Standorte auf unserer Gewässerkarte bestimmt, machen uns mithilfe des Echolotes auf die Suche nach den riesigen Heringschwärmen und spüren die Fische meist auch nach einiger Zeit auf. Auf unsere Spinnruten montieren wir Heringspaternoster und als Gewicht Bleie von 30 bis 50 Gramm oder kleine Pilker. Innerhalb kurzer Zeit lassen sich so genug wirklich schmackhafte Heringe für ein festliches Abendessen fangen. Bis zum letzten Tag fangen wir unsere Fische, danach sehen wir den Schärengarten leider zum letzten Mal – während des Abflugs. Aber immerhin kann man dabei schön träumen: vom nächsten Jahr auf Ingmarsö.

2012/01, Fisch & Wasser

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