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Zander? Hecht? Nein, ein Donaulachs (2013/01, Fisch & Wasser)

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  • 1. Januar 2013

Der Wintereinbruch ist – wie wir wissen – auch eine gute Zeit, um gezielt Hechten und Zandern nachzustellen. Deutlich  aufregender wird die Sache, wenn völlig überraschend plötzlich ein Huchen Hunger verspürt. Andreas Zachbauer hilft uns,  dabei Fangvoraussetzungen zu schaffen, um später nicht heulend vor Ärger die Fäuste in den frischen Schnee zu  trommeln…

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Es ist Jahre her, als ein guter Freund und hervorragender Angler – ein „alter Hase“ – einen kapitalen Huchen in einem privaten Abschnitt der Enns fing und mir aus diesem Anlass seine Fänge aus den letzten Jahrzehnten zeigte. Diese Fotos brannten sich in meine Netzhaut ein und ließen mich nicht mehr los. Schon wenig später trat ich einem nahen Verein bei, der auch einen Teil der Enns bewirtschaftete.

Endlich machte ich mich mit dem ersten Schnee auf meine erste Huchenpirsch und bald, eigentlich zu bald, wurden meine Mühen belohnt. Mein allererster Wurf auf Huchen brachte mir einen guten Sechziger. Unglaublich eigentlich! Viele Schneidertage später konnte ich dann noch im selben Jahr einen sehr großen Fisch an die Angel bekommen. Leider verlor ich ihn im Drill. Ab diesem Zeitpunkt habe ich unzählige Tage am Wasser verbracht, konnte aber nur noch einige kleinere Fische überlisten.

Eine Welt brach für mich zusammen, als ich hörte, dass in meinem Huchenrevier auf einmal das Angeln erst ab Mai erlaubt sein sollte. Die halbe Saison noch vor mir glaubend, war sie auf einmal zu Ende, und mein alter Bekannter, der Großhuchen in der Außenkurve, trat in weite Ferne… Nun, man muss sich immer Ziele setzen. Und somit konzentrierte sich meine Winterangelei seit der Hiobsbotschaft auf Großzander in der Donau.

Es war wieder so ein Tag, an dem mich nichts zu Hause halten konnte. Von Hotspot zu Hotspot pendelnd sah ich die kalten Stunden verstreichen, ohne auch nur einen einzigen Fischkontakt. Zum Ende hin entschied ich mich dann doch, noch einmal zu den Buhnenfeldern zurückzukehren, obwohl diese im Winter bisher immer eher wenige Zander beherbergt hatten. Ich montiere also einen 18 cm langen No-Action-Shad (den „stinkenden“ eines namhaften Herstellers) und zähle meine letzten Würfe herunter. Dort vorne in diesem Eck, denke ich, habe ich im Sommer einen schönen Hecht überlisten können. Als ich gerade so vor mich hinträume, bekomme ich einen brachialen Schlag ab. Sofort schaltet sich der Autopilot ein, Anhieb sitzt, Adrenalin ausgeschüttet, der Drill beginnt… Heftige Kopfstöße lassen mich sofort an meinen Zielfisch denken, den Großzander. Der Fisch rührt sich kaum von der Stelle. Hin und wieder kommt er an die Oberfläche und rollt sich. Eigenartig, denke ich, und als der Fisch näher kommt, sehe ich einen dunklen Rücken. Also doch ein Hecht? Mittlerweile stehe ich bis zu den Knien im eisigen Donauwasser und halte dagegen. Am leichten Zandergerät ein ernstzunehmender Gegner, dieser Hecht! Hecht? Moment, was ich sehe, lässt mich erstarren: Ein großer Huchen hat sich den Shad geschnappt und macht sich erneut auf den Weg in die Hauptströmung. Endlose Minuten später taucht der Donaulachs wieder vor meinen Füßen im seichten Wasser auf – den Kescher kann ich mir getrost sparen. Ich bugsiere den Fisch entlang der Buhne zwischen die wasserdurchspülten Steine und versuche, ihn an der Schwanzwurzel zu packen, aber der Fisch wehrt sich und setzt erneut zum Sprint an. Alles oder nichts! Ich lasse die Rute ins seichte Wasser fallen, werfe mich zu meinem Kontrahenten und umarme ihn „innig“. Es gelingt mir, den Fisch zu landen. Klatschnass bei minus drei Grad stehe ich da und zittere am ganzen Leib, aber nicht etwa, weil mir kalt ist. Ich kann es kaum glauben und stoße einen Urschrei aus. Mein erster großer Huchen, und auch noch direkt aus der Donau.

Donauhuchen

Biologie.
Doch nun zurück zum Start. Bevor man sich einem neuen Zielfisch stellt, stehen natürlich gründliche Recherche und ein Masterplan auf dem Programm: Hucho hucho, auch Donaulachs, Rotfisch oder Donauzalm genannt, ist der größte, ständig im Süßwasser lebende Salmonide. Neben der Donau besiedelt er vor allem deren Nebenflüsse und ist zumeist in der Äschen- und Barbenregion anzutreffen. Durch die Verbauung unserer Gewässer ohne ausreichende Maßnahmen, wie zum Beispiel falsch konzipierte Fischtreppen, wurde auch der Huchen selten und aus diesem Grund zum Fisch des Jahres 2012 ernannt. Außerdem steht er seit einigen Jahren auf der Roten Liste gefährdeter Arten der Weltschutzunion IUCN.

Weitere Gründe für den Rückgang der Population sind der Kiesabbau in Flüssen und die Gewässerverschmutzung. Der großwüchsige Räuber kann bis zu sechzig Kilogramm auf die Waage bringen. Ab dem letzten Jahrhundert wurden allerdings kaum mehr so schwere Fische nachgewiesen. Die gewichtigsten Exemplare der letzten Jahrzehnte hatten um die 35 Kilogramm und bis zu 1,40 Meter Länge.

Die Körperform des Huchens ist langgestreckt, sein Querschnitt fast rund. Durch seinen spitzen Kopf ist er perfekt an stark fließende Gewässer angepasst. Die Färbung geht von gräulich- grünen Tönen bis hin zu rotbraun und kupferrot in der Laichzeit. Das hat ihm wohl den Namen Rotfisch eingebracht.

Huchen ernähren sich vor allem von Fischen wie Nasen, Barben, Forellen, Äschen und Aiteln. Größere Exemplare schrecken aber auch nicht vor Mäusen, Ratten, Entenküken und anderen kleineren Wirbeltieren zurück.

Die Hochzeit der geschlechtsreifen Fische findet in unseren Regionen in der Zeit rund um April statt, wenn die Wassertemperatur etwa sechs bis neun Grad beträgt. Wie bei vielen Salmoniden steht vor dem Ablaichen eine Wanderung stromaufwärts in die ehemalige Kinderstube bevor. Leider ist die natürliche Vermehrung zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht mehr ausreichend zur Arterhaltung, weswegen Besatzprojekte von höchster Bedeutung sind.

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Verbreitung.
Bis ins 20. Jahrhundert hinein war der Huchen in Europas Donau-Flusssystem weit verbreitet und einer der bedeutendsten Fische. In Österreich gibt es Populationen von sich selbst erhaltenden Fischen leider nur noch in der Mur, der Pielach und der Gail. Die Bestände in Gewässern wie Enns, Inn, Salzach, Traun und Ybbs müssen durch intensive Besatzmaßnahmen am Leben erhalten werden. In der Donau – mit Ausnahme der Wachau – gilt der Huchen praktisch als ausgestorben, jedoch hört man in letzter Zeit wieder vermehrt von Fangmeldungen aus anderen Abschnitten – der sprichwörtliche Silberstreif am Horizont…

Am Balkan sieht die Lage noch etwas besser aus. Flüsse wie Tara und Lim in Montenegro, die serbische Drina, Vrbas und Sana in Bosnien-Herzegowina und die slowenische Sava Bohinjka stechen besonders durch gute Huchenbestände hervor und sind auch von Österreich aus gut erreichbar. Ich durfte mir heuer im November selbst ein Bild davon machen und war von den dortigen wilden Flüssen begeistert. Auch wenn es mit einem großen Huchen nicht geklappt hat, so hatte ich doch einen kleineren Fisch im Drill verloren und einen weiteren Fehlbiss zu verzeichnen. Ich kann nur jedem empfehlen, die eingefleischte Gruppe rund um meinen Freund und Mentor Velibor Ivanovic (www.angelabenteuer-balkan. com) zu besuchen. Neben der hervorragenden Gastfreundschaft bekommt man ernst gemeinte Tipps und das nötige Wissen und Rüstzeug, um auch für die Huchenpirsch an einheimischen Gewässern gut gerüstet zu sein. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass in Mittel- und Ostasien noch weitere Arten der Gattung Hucho existieren. Am bekanntesten ist hier der sogenannte Taimen.

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Standplätze und Fressverhalten.
Hat man nun ein Gewässer mit einem nennenswerten Huchenbestand gefunden, so stellt sich natürlich die Frage nach dem Wie und Wo. Zu allererst: der Huchen ist ein ausgesprochener Standortfisch. Hat er seinen Platz gefunden, so wird er im Regelfall auch dort bleiben, bis ihm sein Revier zu klein wird, oder ein größerer Artgenosse ihn vertreibt. Ausnahmen sind Wanderungen während der Laichzeit, während Hochwässern und extremer Nahrungsknappheit. Dann werden die Karten beziehungsweise die „Huchenburgen“ neu gemischt. Burgen sind strömungsgeschützte Gewässerbereiche, also zum Beispiel unterspülte Außenkurven und Uferbefestigungen, Strömungsschatten hinter Felsblöcken, Brückenpfeilern und Kanten, ausgespülte Löcher am Gewässergrund und tiefe Gumpen. Hat man eine Huchenburg ausgemacht, so ist das leider nur die halbe Miete, denn in seiner Burg frisst der Huchen normalerweise nicht. Vergleichbar mit einem Menschen auf seiner Couch, ruht sich der Räuber hier von seinen Jagden aus und verdaut die Beute. Packt ihn nach einiger Zeit wieder der Hunger, so geht er auf Streifzug. Diese Ruhepausen können jedoch oft mehrere Tage dauern – und genau das macht das Huchenangeln so unberechenbar und schwierig.

Nach langen Flauten häufen sich oft die Fangmeldungen und innerhalb weniger Tage werden an einem Gewässer mehrere kapitale Fische gefangen. Es macht den Anschein, als würden alle Huchen einem gewissen Rhythmus folgen, und seit Anglergedenken versucht unsere Zunft, dieser inneren Uhr auf die Schliche zu kommen. Hier bei uns heißt es, besonders rund um den Vollmond jage der Huchen. Am Balkan wiederum soll es der Neumond sein. Neuschnee gleiche fast einer Fanggarantie und Warmphasen nach langen Kälteperioden öffneten alle Huchenmäuler. Außerdem seien schnellsteigende Wasserstände an regulierten Gewässern Gold wert, da die Weißfische an gewissen Stellen zusammengedrängt würden. Fakt ist, ein Vollmond macht noch keinen Huchenangler. Extreme Ausdauer, Kälteunempfindlichkeit, das richtige Gespür und unauffälliges Verhalten am Gewässer sind nur ein kleiner Auszug jener Eigenschaften, die ein erfolgreicher Huchenangler an den Tag legen sollte.

Gerät.
Beim Angelgerät sollte man – wie eigentlich immer – keine Kompromisse eingehen. Ruten mit einer Länge ab 2,70 Metern und einem Wurfgewicht von mindestens 100 Gramm aufwärts, je nach Hersteller, sind erste Wahl. Man sollte darauf achten, dass die Rute große Ringe besitzt, da sich diese bei Minusgraden nicht so schnell mit Eis belegen. Bei den Rollen greift man am besten auf Großfischrollen, wie man sie vom Karpfen- und Welsangeln kennt, zurück. Geangelt wird vorwiegend mit geflochtener Schnur ab 0,30 Millimetern Durchmesser und monofilen, oder noch besser Fluorcarbon-Vorfächern, ab 0,50 Millimetern, da dieses Material zum einen weniger sichtbar für den Fisch und andererseits abriebfester ist. Die Vorfachlänge sollte mindestens zwei Meter betragen, um die Hauptschnur vor Steinen und Muscheln zu schützen. Für die Verbindung von Hauptschnur und Vorfach kommen eigentlich alle gängigen Schlagschnurknoten in Frage, zum Beispiel der „Doppelte Grinner“ oder der „Albright-Knoten“. Durchgehende monofile Schnüre werden aber ebenso und gerade bei sehr tiefen Temperaturen von vielen Experten gerne verwendet, und bei Durchmessern ab 0,50 Millimetern fällt auch die Dehnung nicht mehr so stark ins Gewicht. Meine persönliche Kombo besteht aus einer Shimano Anatares Monster mit 2,85 Metern Länge und 42 bis 168 Gramm Wurfgewicht, bestückt mit einer Penn Slammer 560. Ich wähle zum Huchenfischen immer sehr glatte geflochtene Schnüre, um die Vereisung der Rutenringe zu minimieren.

Huchenköder

Köder.
Natürlich gibt es auch bei der Huchenangelei speziell dafür entwickelte Köder (siehe Seite 13). Im Großen und Ganzen kann jedoch alles verwendet werden, was auch beim Spinnfischen auf Hecht funktioniert. Große Gummifische, Blinker, Wobbler, Swimbaits und sogar Jerkbaits können eingesetzt werden. Mir ist vor einigen Jahren ein Zitat zu Ohren gekommen, welches die Lage gut beschreibt. Sinngemäß beschrieben lautet es: „Ist der Huchen in Rage, so ist es egal, was man ihm präsentiert. Und sei es eine alte Socke – ein raubender Huchen frisst, was ihm vors Maul schwimmt. Raubt er jedoch nicht, so tritt das genaue Gegenteil in Kraft.“ Nun, einen Huchen wirklich beim Rauben anzutreffen, ist ein Lotteriespiel. Somit sollte man sich schon Gedanken über seinen Köder machen, und sei es nur, um das eigene Vertrauen zu stärken. Die langen Beißflauten können nur überwunden werden, wenn man sich seiner Sache sicher ist. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich einige Köder herauskristallisiert, denen ein Huchen besonders schwer widerstehen kann.

Donauhuchen mit 1,23m

Donauhuchen mit 1,23m

Glückliches Ende.
Eine Geschichte bin ich noch schuldig geblieben. Was ist nach meinem Besuch an den Balkanflüssen passiert? Wie schon erwähnt, hatte ich leider nicht das Glück, dort einen Huchen überlisten zu können und ging nach meinem Trip nach Südosteuropa wieder zur Tagesordnung über. Zanderangeln an der Donau. Und jetzt findet mein fantastisches Erlebnis vom Beginn dieses Berichts seine Fortsetzung: Ich war unweit der Stelle, an der ich meinen ersten Donaulachs fangen konnte, unterwegs und fand nach kurzer Zeit wie jedes Jahr den Wintereinstand der Brachsen. Immer wieder spürte ich beim Einholen Kontakte mit den Weißfischen. Ich wechselte an eine andere Stelle, kehrte jedoch bald wieder zurück. Beim zweiten Wurf hatte ich einen untypischen Biss und merkte nur, wie sich der Fisch in die Schnur einwickelte und dann wieder aus. „Brachse gehakt“, hörte ich mich noch sagen, als ich von den starken Kopfschlägen wachgerüttelt wurde. Zander ist das aber auch keiner, dachte ich, und nach zirka zehn Minuten Drill konnte ich an der Oberfläche einen kupferfarbenen „Baumstamm“ erkennen. Oh, mein Gott, ein Donauhuchen! Die bangen Minuten begannen. Der Fisch schien weniger nervös zu sein als ich. Er bewegte sich keinen Zentimeter von der Stelle, minutenlang. Mein Kollege Thomas stand schon mit dem Kescher bereit, als wir den Großsalmoniden das nächste Mal sehen konnten. „Pack das Ding weg, viel zu klein, wir müssen eine Handlandung machen!“ Zwei Versuche hatten wir schon hinter uns, als die nächste Flucht ins tiefere Wasser erfolgte. Nachdem ich den Fisch wieder ausgebremst hatte, glitt er Kopf voran direkt auf mich zu. Rute weg und beide Hände an den Fisch… Was ich dann aus dem Wasser heben konnte, hat mein Anglerherz zutiefst berührt. Mein zweiter Donauhuchen in einem Jahr mit 123 Zentimetern Länge und geschätzten zwanzig Kilogramm. Eine Recherche hat ergeben, dass seit 1932 kein größerer Huchen mehr im Donauhauptstrom gefangen werden konnte. Ich bin nicht nur glücklich über diesen Fang, sondern auch darüber, dass Hucho hucho den Weg in die Donau zurückfand, jenem Fluss, der vor über hundert Jahren Fische jenseits der Fünfzig-Kilogramm-Marke beherbergte. Abschließend ist zu sagen, dass der Huchenangler heutzutage eine große Verantwortung trägt. Projekte und Initiativen zur Wiederansiedelung des Huchens können nur Früchte tragen, wenn auch die Angler ihren Teil dazu beitragen, gefangene Fische zurücksetzen und den jeweiligen Gewässerbewirtschaftern den Fang melden. Und: Huchen schmeckt nicht gut und fängt an der Wand hängend unglaublich viel Staub …

2013/01, Fisch & Wasser

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